Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang ausschließen. Bei der Übermittlung eines Schreibens per Telefax darf daher der Übermittlungsvorgang erst dann als abgeschlossen angesehen werden, wenn sich der Absender von der ordnungsgemäßen, insbesondere vollständigen Übermittlung überzeugt hat.
Über die konkrete Übermittlung muss ein Sendeprotokoll ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden.
Nach diesem Maßstab widersprach es im vorliegenden Fall es den an den Prozessbevollmächtigten zu stellenden Sorgfaltsanforderungen, dass er lediglich beobachtet hat, „wie Seite für Seite des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom Faxgerät eingezogen wurde“, nicht aber, wie er selbst eingeräumt hat, unmittelbar nach Versendung des Schriftsatzes die Seiten der Berufungsbegründungsschrift noch einmal durchgezählt und mit den Seitenzahlangaben im Sendebericht verglichen hat. Auch wenn das Faxgerät weder vor noch nach dem Sendetag Grund zur Beanstandung gegeben hat, wie die Beklagte behauptet, ändert dies nichts an der Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten zur Überprüfung einer ordnungsgemäßen und vollständigen Übertragung im konkreten Einzelfall.
Das Berufungsgericht hat vorliegend auch nicht gehörswidrig und willkürlich (Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) die zeitlichen Abläufe für eine erneute Faxübersendung gewürdigt, soweit es festgestellt hat, der vorgenannte Pflichtverstoß sei für die Säumnis der Frist kausal geworden. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat wie das Berufungsgericht beanstandungsfrei angenommen hat nichts Konkretes dazu vorgetragen, dass ein erneuter Übertragungsversuch tatsächlich wieder etwa sieben Minuten gedauert hätte. Soweit er mit Wiedereinsetzungsantrag vom 04.05.2015 behauptet hat, dass der Seitenabgleich, die Feststellung des Fehlers, die erneute Anwahl des Faxgeräts und das Einlesen der Seiten schon bis 24.00 Uhr gedauert hätten, so dass die erneute Übertragung von 6:40 Minuten erst am 14.04.2015 erfolgt wäre, ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dies eine ungewöhnlich lange Zeit sei. Dies lässt auch bei Berücksichtigung des Vorbringens der Rechtsbeschwerde keine durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Wenn die Übermittlung eines 15seitigen Telefaxes mit dem benutzten Gerät tatsächlich eine solch lange Zeit benötigte, so war der Beginn der Versendung um 23.46 Uhr bereits zu spät.
Zwar darf ein Rechtsanwalt bei Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung die ihm dafür eingeräumte Frist bis zur äußersten Grenze ausschöpfen. Ein Rechtsanwalt, der einen fristgebundenen Schriftsatz wie hier – am letzten Tag der Frist einreichen will, muss aber sicherstellen, dass der Schriftsatz auf dem gewählten Übertragungsweg noch rechtzeitig vor Fristablauf bei Gericht eingeht. Das zur Fristwahrung Gebotene hat der Anwalt bei der Übermittlung des Schriftsatzes per Fax daher nur getan, wenn er mit der Übermittlung so rechtzeitig begonnen hat, dass unter gewöhnlichen Umständen mit ihrem Abschluss am Tage des Fristablaufs bis 24.00 Uhr hätte gerechnet werden können. Will der Rechtsanwalt den Begründungsschriftsatz erst kurz vor Ablauf der Frist per Telefax übermitteln, muss er besonders darauf achten, dass bei der Übermittlung keine Fehler passieren.
Das war hier nicht der Fall. Eine Partei muss nach ständiger Rechtsprechung bei der Übermittlung ihrer Schriftsätze Verzögerungen einkalkulieren, mit denen üblicherweise zu rechnen ist, wozu insbesondere auch in den Abend- und Nachtstunden die Belegung des Telefaxempfangsgeräts bei Gericht durch andere eingehende Sendungen gehört; ein Anwalt muss dem im Hinblick auf die ihm obliegende Sorgfaltspflicht durch einen zeitlichen Sicherheitszuschlag Rechnung tragen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hätte dementsprechend deutlich früher als um 23.46 Uhr mit der Versendung der Berufungsbegründung beginnen müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn sein Vortrag zugrunde gelegt wird, dass die Übersendung eines 15seitigen Schriftsatzes mit seinem Faxgerät etwa sieben Minuten dauert.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – IV ZB 23/15