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Massive Erschöpfungszustände des Prozessbevollmächtigten

Die Krankheit eines Prozessbevollmächtigten schließt das Verschulden der Versäumung einer Frist nur dann aus, wenn die Erkrankung für den Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar war. Ist der krankheitsbedingte Ausfall dagegen vorhersehbar, muss sich der Rechtsanwalt durch konkrete Maßnahmen darauf vorbereiten.

Im vorliegenden Fall war allerdings für den Bundesgerichtshofs nach dem eigenen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch des Prozessbevollmächtigten der Kläger dessen krankheitsbedingter Ausfall vorhersehbar. Die nach Schilderung des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Vorfeld der eigentlichen Erkrankung aufgetretenen Erschöpfungserscheinungen, die sich in Form von Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprach- und Sehstörungen verbunden mit stundenweisem Arbeitsausfall äußerten, waren nicht so geringfügig, dass dessen Annahme gerechtfertigt war, die Symptome würden bis zur Folgewoche wieder abklingen oder sich jedenfalls nicht weiter verschlechtern. Eine berechtigte Erwartung, dass es nicht zu einem vollständigen krankheitsbedingten Ausfall kommen würde, durfte der Prozessbevollmächtigte der Kläger auch nicht deswegen haben, weil er im Vorjahr bereits einmal an Erschöpfungszuständen ähnlicher Art gelitten hatte und diese innerhalb einiger Tage wieder vorüber waren. Angesichts der massiven Symptome durfte er sich nicht darauf verlassen, dass eine schnelle Genesung eintreten werde; vielmehr musste er damit rechnen, dass es auch zu einem vollständigen krankheitsbedingten Ausfall kommen könnte. Er war deshalb verpflichtet, sich hierauf vorzubereiten, indem er entweder durch Einholung der Zustimmung des Prozessgegners sicherstellte, dass die Berufungsbegründungsfrist verlängert würde oder indem er dafür Sorge trug, dass für die Erledigung fristgebundener Arbeiten ein Vertreter eingeschaltet werden kann.

Dass die Einschaltung eines Vertreters nicht möglich oder nicht zumutbar war, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Angesichts dessen kann die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die unterlassene Einholung der Zustimmung des Prozessgegners in eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kausal für die Fristversäumung war, dahingestellt bleiben.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Juni 2015 – V ZB 50/15

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