Die Erkrankung einer Partei kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie infolge der Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, den Rat ihres Rechtsanwalts einzuholen und diesen sachgemäß zu unterrichten.
Dabei kann die grundsätzliche Notwendigkeit einer Rücksprache des Prozessbevollmächtigten mit seiner Partei vor einer Begründung des eingelegten Rechtsmittels angenommen werden. Einer detaillierteren Begründung, was im Einzelnen insoweit mit der Partei habe besprochen werden müssen, bedarf es auch nach der ZPO-Novelle regelmäßig nicht.
Auch muss das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen, dass es dem Berufungskläger vorliegend nicht möglich gewesen ist, seinen Rechtsanwalt zu einer Besprechung aufzusuchen oder zuhause zu empfangen. Dies ergibt sich aus dem vom Beklagten zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags vorgelegten ärztlichen Attest vom 05.05.2014, wonach der Beklagte wegen der bestehenden Erkrankung Termine weder im häuslichen noch im außerhäuslichen Bereich wahrnehmen konnte. Über diese Aussage durfte sich das Berufungsgericht mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung nicht hinwegsetzen.
allerdings ergab sich im hier entschiedenen Fall aus dem Vorbringen des Berufungsklägers und dem vorgelegten ärztlichen Attest nicht, dass nicht wenigstens eine telefonische Verständigung des Berufungsklägers mit seinem Prozessbevollmächtigten über eine fristgerecht einzureichende Berufungsbegründung möglich gewesen wäre. Eine solche wäre im Streitfall ausreichend gewesen, für die Fristwahrung Sorge zu tragen, weil der Prozessbevollmächtigte nach der Ablehnung der Fristverlängerung auch ohne vorherige Rücksprache aufgrund seiner Kenntnisse des erstinstanzlichen Verfahrens in der Lage gewesen ist, noch am selben Tage eine Berufungsbegründung zu fertigen und einzureichen, und die nach der späteren Besprechung erfolgte Ergänzung keine neuen Gesichtspunkte enthält, die erst aufgrund dieser Besprechung in das Verfahren eingeführt werden konnten.
Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass ein Vertrauen des Berufungsklägers auf eine Einwilligung der Prozessgegnerin in die nochmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht gerechtfertigt war, weshalb sich die Frage nach einer rechtsmissbräuchlichen Verweigerung nicht stellt. Einem begründeten Vertrauen des Berufungsklägers auf die Einwilligung steht schon entgegen, dass die Prozessgegnerin bereits vor Stellung des Verlängerungsantrags die Verweigerung der Zustimmung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers angekündigt hatte. In Kenntnis dieses Umstands hätte er die am 6.05.2014 tatsächlich eingereichte Berufungsbegründung auch schon am 5.05.2014 einreichen können anstatt den ersichtlich aussichtslosen Verlängerungsantrag zu stellen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Juni 2015 – IV ZB 27/14